Viele Deutsche beklagen die Benutzung von Fremdwörtern in der deutschen Sprache. Oft werden gute deutsche Wörter durch unnötige englische oder französische Ausdrücke ersetzt. Zum Beispiel gibt es in vielen deutschen Bahnhöfen keine Schalter sondern nur Service Points. Vor allem benutzt die Jugend Wörter wie chillen und smsen. Es ist wahr, dass einige dieser Wörter hilfreich sind: Einige Wörter, darunter auch viele, die mit Computer zu tun haben, sind wirklich amerikanische Begriffe. Es klingt ein bisschen komisch, das Wort Internet als „Zwischensnetz“ zu übersetzen. Aber in vielen anderen Fällen sind solche Fremdwörter unnötig: Es gibt gar keinen praktischen Unterschied zwischen Moment und Augenblick oder zwischen Abstand und Distanz.
Einige deutsche Wissenschaftler und Politiker versuchen, gegen diese Richtung Maßnahmen zu ergreifen. 2007 wurde die Neue Fruchtbringende Gesellschaft gegründet, „um ein Bewusstsein für den Wert der deutschen Sprache und ihrer Ausdrucksfähigkeit zu schaffen“. Diese Gruppe hat sich die Aufgabe gestellt, die deutsche Sprache in ihrem grundlegenden Wesen zu pflegen. Einige Politiker sind auch dieser Meinung: Die CDU will ein Bekenntnis zur deutschen Sprache ins Grundgesetz aufnehmen. Im Artikel 22 des Grundgesetzes steht es wortwörtlich, dass die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland Berlin ist und die Bundesflagge schwarz-rot-gold ist, aber darin steht nichts über die Sprache Deutschlands. Der Saarländische Ministerpräsident Peter Müller erklärt: „Wir sollten die deutsche Sprache auch dadurch pflegen, dass wir nicht unnötig Anglizismen einfließen lassen“.
Die Kanzlerin ist doch skeptisch. Vielleicht versteht sie, dass die Verwendung von Fremdwörtern keine neue Erscheinung ist. Tatsächlich wurde die originale Fruchtbringende Gesellschaft im Jahre 1617 in Weimar gegründet, um die „edle Muttersprache, welche durch fremdes Wortgepränge wässerig und versalzen worden...von dem fremd drückenden Sprachenjoch zu befreien“. Aber nach der Gründung der originalen Fruchtbringenden Gesellschaft hat die deutsche Sprache sich verändert, und weder die Neue Fruchtbringende Gesellschaft noch eine andere Gruppe kann diese Veränderung vollständig verhindern. Die sprachliche Entwicklung ist zwar ein natürliches Phänomen: Die heutige deutsche Sprache ist nicht genau die Sprache von Kleist, die nicht die Sprache von Eschenbach ist. Auch ist die moderne deutsche Sprache in Deutschland anders als in Österreich oder in der Schweiz.
Dieses Phänomen ist in gewisser Weise keine Drohung sondern ein wichtiges Vorteil. Die Welt ändert sich ständig, und die Entwicklung der Sprache hilft einem, über neue Ideen zu denken und neue Begriffe auszudrücken. Außerdem ist diese Entwicklung eine zusätzliche Quelle der sprachlichen Komplexität. Englisch ist ein gutes Beispiel dafür: Englisch ist eine germanische Sprache und teilt einen großen Teil ihres Lexikons und ihrer Grammatik mit Deutsch. Aber von Französisch sind auch viele lateinische Wörter in die englische Sprache eingetreten. Die Interaktion zwischen verschiedenen englischen Dialekten in England, Schottland, Irland, Australien, Indien und den USA sind noch eine Quelle der linguistischen Vielfalt. Englisch war nicht von der normannischen Eroberung getötet sondern reicher geworden. Wahrscheinlich wird die deutsche Sprache auch auf ähnliche Weise das Zeitalter der Globalisierung überleben.